Bremerhaven

Der kleine Finn braucht einen Lebensretter: So können wir alle helfen

Gesucht wird: Ein Lebensretter für den kleinen Finn. Der erst ein Jahr alte Junge aus Bremerhaven leidet an einem seltenen Immundefekt - die Folgen können für ihn tödlich sein. Aber es gibt Hoffnung, und die ist umso größer, je mehr Menschen helfen.

Jan-Philipp und Michelle Weinhold mit ihrem Sohn Finn. Der Einjährige hat eine seltene Immunkrankheit.

Jan-Philipp und Michelle Weinhold mit ihrem Sohn Finn. Der Einjährige hat eine seltene Immunkrankheit. Foto: Overschmidt

Der kleine Finn sieht aus wie ein ganz normaler kleiner Junge, wie er da mit seinen Eltern Michelle und Jan-Philipp Weinhold durch den Leher Stadtpark stapft. Aber Finn ist todkrank. Seit seiner Geburt leidet er an Septischer Granulomatose, sein Immunsystem kann sich nicht gegen bakterielle Erreger und Pilze wehren. Eine Infektion oder deren Spätfolgen könnten für ihn tödlich sein. Finn darf deshalb nicht wie andere Kinder im Sand spielen, frisch gemähtes Gras sollte er meiden und auch den Kontakt zu Tieren. Auch verletzten sollte sich Finn nicht - „schon ein Splitter im Finger könnte tödlich enden“, sagt seine Mutter. Die Krankheit ist höchst selten, auf eine Million Menschen kommen nur fünf Fälle.

Ärzte entdeckten schwere Krankheit nicht

Finn litt schon als Säugling häufig an Fieber, war oft krank. „Wegen Entzündungen waren wir immer wieder beim Arzt“, erzählt Michelle Weinhold. Finn hatte häufiger Durchfall, kleine Wunden eiterten schnell. Als er seinen ersten Geburtstag feierte, lagen schon sechs Krankenhausaufenthalte hinter ihm. Aber die Erkrankung blieb unentdeckt.

Wegen eines vermuteten Leistenbruchs wurde Finn im Mai nach Bremen an die Prof.-Hess-Kinderklinik überwiesen. Der „Bruch“ stellte sich als geschwollener Lymphknoten heraus und mit der Vorgeschichte des Kindes war für Oberärztin Dr. Petra Kaiser-Labusch schnell klar: Etwas stimmt nicht mit dem Immunsystem.

Nur ein paar wenige Tests später in einem spezialisierten Labor stand die Diagnose. Bei der Septischen Granulomatose handelt es sich um eine Erbkrankheit des Immunsystems. „Die Fresszellen des Immunsystems sind bei diesem Immundefekt nicht in der Lage, bakterielle Erreger und Pilze unschädlich zu machen. Ihnen fehlt - genetisch bedingt - ein Stoffwechselweg, um „gefressene“ Erreger auch adäquat abzutöten. Patienten mit dieser Krankheit sind deshalb besonders anfällig für bestimmte, schwere und lebensbedrohliche Infektionen“, sagt die Ärztin.

Ohne Hilfe wird Finn nicht alt

Die schlechte Nachricht: Unbehandelt führt die Krankheit über kurz oder lang zum Tod, „die Lebenserwartung ist deutlich eingeschränkt“, sagt Kaiser-Labuschnur. Finn würde wahrscheinlich keine 30 Jahre alt werden. „Unser Leben ist seitdem ein anderes“, sagt Vater Jan-Philipp Weinhold. Finn bekommt jetzt Antibiotika und Kortison, muss regelmäßig in die Klinik. Ab Ende Mai lag er wegen einer schweren Infektion beinahe fünf Wochen im Krankenhaus, im Juli musste er eine Woche lang behandelt werden. „Wir meiden den Kontakt zu anderen Kindern“, sagt die Mutter.

„Ohne Behandlung würde Finn wahrscheinlich keine 30 Jahre alt werden“: Oberärztin Dr. Petra Kaiser-Labusch.

„Ohne Behandlung würde Finn wahrscheinlich keine 30 Jahre alt werden“: Oberärztin Dr. Petra Kaiser-Labusch. Foto: Gesundheit Nord

Typisierungsaktion

Gesucht wird: Ein Stammzellenspender für den kleinen Finn. Im Fischbahnhof in Bremerhaven findet dazu am Sonntag, 25. August, von 13 bis 17 Uhr eine große Typisierungsaktion statt. Mitmachen kann jeder Mensch im Alter zwischen 17 und 55 Jahren, der sich fit fühlt. Die Registrierung ist kostenlos. Spenden sind aber willkommen, weil jede Typisierung etwa 50 Euro kostet. Lediglich ein Abstrich im Mund ist notwendig und kann so vielleicht eines Tages Leben retten. Organisiert wird die Aktion vom Verein „Cancelcancer“ und mehreren Sponsoren. Jeder Teilnehmer der Aktion wird zum Abschluss zu einem frisch gemixten Frucht-Cocktail eingeladen. Organisator Timo Wentzel hofft, dass mehr als 200 Menschen in den Fischbahnhof kommen.Die Registrierung als Spender ist weiterhin aber auch online möglich: dkms.de/finn
Aber es gibt auch gute Nachrichten: Die Krankheit des kleinen Jungen kann geheilt werden. Mit einer Stammzellentransplantation. „Je früher, umso besser“, sagt Oberärztin Kaiser-Labusch. Denn jede Infektion sei mit dem Risiko bleibender Schäden verbunden. Mit neuen Stammzellen könnte Finn nach einem Jahr etwa ein ganz normales Leben führen, „er könnte mit Drei in den Kindergarten gehen wie jedes andere KIind auch“, sagt die Ärztin. Aber dafür muss für Finn ein passender Spender gefunden werden - sein „genetischer Zwilling“ -, und den gibt es bisher nicht.

Aktion hilt Patienten weltweit

Michelle und Jan-Philipp Weinhold haben mit der Deutschen Knochenmarkspender-Datei eine Online-Registrierung gestartet, bei der sich bis heute 457 Menschen für eine Typisierung gemeldet haben. Aber es sollen möglichst noch mehr Menschen bereit sein, Lebensretter zu werden. Deshalb findet am Sonntag, 25. August, eine Typisierungsaktion im Fischbahnhof statt. „Für Finn und jeden folgenden Patienten weltweit“, sagt Petra Kaiser-Labusch.

Bremerhaven war vor fast 20 Jahren die erste Patenstadt der DKMS - als Ergebnis mehrerer Typisierungsaktionen, um einem kleinen Leukämiepatienten aus Bremerhaven zu helfen. Mehr als 1000 Menschen nahmen damals teil, gespendet wurden fast 100.000 Euro.

Als die DKMS Anfang der 90er Jahre die Spenderdatei aufbaute, waren bundesweit nur etwa 3000 Menschen typisiert. Heute stehen mehr als 7,5 Millionen Namen in der DKMS-Datei, davon mehr als 8500 aus Bremerhaven und 24.500 aus dem Landkreis Cuxhaven, wie die Datei auf Anfrage mitteilt. Gemessen an der Bevölkerung sind in der Region noch immer etwa doppelt so viele Menschen typisiert wie im Rest der Republik.

Auch Finn kann nur geholfen werden, wenn es irgendwo auf der Welt einen Menschen mit nahezu gleichen Gewebemerkmalen gibt, der zur Stammzellspende bereit ist. „Wir glauben fest daran, dass es klappen wird“, sagt Papa Jan-Philipp Weinhold.

Thorsten Brockmann

Chefreporter

Thorsten Brockmann ist gebürtig in Bremerhaven. Bei der NORDSEE-ZEITUNG arbeitet er seit 1989. Seine Themen: Kreuzfahrt, Wirtschaft und die Polizei.

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