Meinung & Analyse Gegenwind

Gefährlicher TikTok-Trend: Drama und Manipulation werden zur neuen Normalität

Wieso romantisieren so viele Menschen auf TikTok noch Beziehungen, die komplett ungesund sind? Ist ein gesunder Menschenverstand zur Mangelware geworden? TikTok, die düstere Bühne für toxische Beziehungsideale.

In der Kolumne „Gegenwind“ gehen die Volontäre von Nordsee-Zeitung, Kreiszeitung Wesermarsch und Zevener Zeitung auf gesellschaftliche Debatten ein.

In der Kolumne „Gegenwind“ gehen die Volontäre von Nordsee-Zeitung, Kreiszeitung Wesermarsch und Zevener Zeitung auf gesellschaftliche Debatten ein. Foto: NZ-Grafik

TikTok ist zur Müllhalde für toxische Beziehungsideen geworden. Jeder Lebensbereich, der nur ansatzweise gut geklickt werden könnte, wird skrupellos ausgeschlachtet. Besonders widerlich sind die aktuellen Trends, die ein völlig verzerrtes und krankhaftes Bild von Liebe und Beziehungen abbilden.

In ihren kurzen Clips schwärmen TikTok-Creator von ungesunden Verhaltensweisen ihrer Partner und glorifizieren sie als „süß“ oder „romantisch“. Ein Video behauptet: „Nein, nichts könnte einen Mann mehr attraktiver machen, außer er zeigt seine eifersüchtige Seite“.

Klar, obsessive Eifersucht und emotionale Manipulation sind auch ein mega Liebesbeweis. Warum sollte man auf gesunde Kommunikation und Respekt setzten, wenn man Besitzansprüche und Dominanz haben kann? Ist das wirklich die neue Realität von Beziehungen?

TikTok scheint jedenfalls entschlossen, diese toxischen Vorstellungen als das neue Normal zu etablieren.

Romantisierung des Schmerzes: Die Illusion von Bad Boys

Aber was bedeutet eigentlich „toxisch“? Im Alltag wird das Wort oft genutzt, wenn das Verhalten anderer uns psychisch schadet. Aber warum zur Hölle feiern so viele Menschen toxische Beziehungen?

Menschen fühlen sich darin sicher, weil sie es gewohnt sind, so der Bremerhavener Paartherapeut und Heilpraktiker Malte Thoma. Eine Kindheit voller Vernachlässigung formt ihre Wahl.

Nehmen wir eine Frau in einer klassischen heterosexuellen Beziehung als Beispiel, wie sie in sozialen Medien oft dargestellt wird. Sie wurde vom Vater schlecht behandelt und sucht jetzt ähnliche Partner – das soll Sicherheit geben. Ja, „bad boys“ sind aufregend, geheimnisvoll, kaputt und unberechenbar – ein echtes Abenteuer.

Gesunde Verhaltensweisen sind halt auch einfach langweilig. Warum sollte man einer Person, die einen gut behandelt und Interesse zeigt, auch zurückschreiben? Wo bleibt da die Spannung? Es ist doch viel aufregender, ständig zu rätseln, ob der andere überhaupt Gefühle hat.

Gerade an die jüngere Zielgruppe wird so der Eindruck vermittelt, dass eine Beziehung Drama haben muss. Red Flags (Warnsignale) werden Green Flags vorgezogen. Super. TikTok mutiert zur Brutstätte toxischer Beziehungsmodelle. Wahre Liebe ist anscheinend gleichbedeutend mit Eifersucht und Besitzanspruch.

Generation Manipulation: Wir brauchen mehr Wertschätzung

Lasst uns mal Klartext reden: junge Menschen werden in eine Welt entlassen, in der emotionale Manipulation und Unsicherheit anscheinend der neue Standard ist. Aber zum Glück gibt es auch noch reflektierte Menschen, die gegen diesen Trend ankämpfen. Immer mehr TikTok-Creator schlagen Alarm und klären in ihren Videos darüber auf, wie man toxische Verhaltensweisen erkennt und warum man sich verdammt nochmal dagegen wehren sollte.

Klar, jeder hat seine eigene Art, Streit zu führen oder Zuneigung zu zeigen. Aber eines ist sicher: Es ist niemals in Ordnung, andere mit seinem Verhalten einzuschränken oder ihnen Leid zuzufügen - egal ob psychisch oder physisch.

Toxische Beziehungen dürfen niemals der Maßstab sein, an dem wir uns messen. Wir haben es alle verdient, Menschen um uns zu haben, die uns schätzen, gut behandeln und respektvoll begegnen.

Also, lasst uns aufhören, toxisches Verhalten zu normalisieren, und anfangen, den Respekt und die Wertschätzung zu verlangen, die uns zustehen. Das Mindeste, was wir erwarten können, ist jemand, der uns wirklich respektiert und liebt. Und wenn das bedeutet, ein paar Beziehungen zu hinterfragen und zu beenden, dann sei es so. Wir sind es wert.

Laura Künzel

Laura Künzel ist 2000 in der Kleinstadt Eisenach geboren und aufgewachsen. Zum Studium hat es sie nach Erfurt verschlagen. Da sie die Nordseeluft auf ihrer Nase fühlen wollte, ist sie bei der NORDSEE-ZEITUNG gelandet und als Volontärin tätig.

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