Bremerhaven

Von Schieflagen, Hinguckern, schrägen Vögeln und einem spitzen Dorn im Auge

„Ganz schön schräg!“: Ein Kompliment? Oder das Gegenteil? Bremerhaven hat seine Schieflagen. Eine ist der Autorin dieser Kolumne ein spitzer Dorn im Auge.

Schräg ist schön! Was wären wir ohne die schrägen, nonkonformen Vögel im Leben? Wie drückt‘s der Seemannsgarn spinnende Poet Joachim Ringelnatz aus? „Ich bin etwas schief ins Leben gebaut...“. Tjö. Wer nicht...?! Bremerhaven, die liebenswert spinnerte bunte Hafenstadt, hat enorme Schieflagen. Nicht alle liebenswert.

Aber reden wir nicht von Politik. Reden wir von Hinguckern. Und Wegguckern. Hingucker der unrühmlichen, aber spektakulären Art war vor zwei Jahren unser „schiefster Turm der Welt“, für ein paar Tage - der abgesackte Molenturm. Was für ein medialer Hingucker. Leider. Abgerissen. Futsch. Aber es gibt „Ersatz“, keinen spektakulären, dafür dauerhaften: Die schiefste Litfaßsäule der Region.

Was für ein Hingucker am Tor zur „guten Stube“, direkt am Theaterplatz. Kaum ist Gras - nein, Gesträuch - über die monumentalen „grauen Pötte“ auf dem Platz gewachsen, fällt das Ding spitz ins Auge: Das Schiefe dran ist nicht die Lage, sondern die Auflage. Statt ringsum beklebt mit bunten Plakaten, strotzt die Stele vor schmuddeliger, zerfetzter grauer Tristesse. Und das schon ewig. „Wie schäbig ist das denn als Einladung für Gäste in die Innenstadt?!“, entfuhr es einer Freundin neulich.

„Künstlerisch bemalt oder mit Lichtern und Schlingpflanzen umwickelt wäre das doch ein Hingucker an diesem langweiligen Platz“, sprühte mein Allgäuer Besuch neulich vor Kreativität. Brauchen wir Allgäuer? Man tau, schräge Seestadt-Vögel: Bühne frei!

Erst Hingucker, dann Weggucker: Als Entree in die Bremerhavener „Gute Stube“ ist diese schief ins Leben gebaute Litfaßsäule nicht wirklich einladend, finden Anwohnende und Passanten.

Erst Hingucker, dann Weggucker: Als Entree in die Bremerhavener „Gute Stube“ ist diese schief ins Leben gebaute Litfaßsäule nicht wirklich einladend, finden Anwohnende und Passanten. Foto: Schwan

Susanne Schwan

Reporterin

Die gebürtige Düsseldorferin studierte an der Musikhochschule und war 12 Jahre Theaterschauspielerin. Nach Rundfunk-Ausbildung und Volontariat bei der NORDSEE-ZEITUNG ab 1999 leidenschaftliche Menschen- und Geschichtensammlerin. Nebenbei noch Auftritte mit Literaturprogrammen.

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