Bremerhaven Moin

Venedig, der Käpt‘n, die Casa und wie mich Lale Andersen aus der Fassung bringt

Die täglich wechselnde NZ-Moin-Kolumne lüftet heute ein Geheimnis: Was hat ein nordischer Käpt‘n in einem alten Kloster mitten in Venedig verloren?

Gerade war die halbe Welt zu Besuch in Bremerhaven. Es geht auch umgekehrt. Und wie...! Perbacco! Kaum eingetreten, trifft mich der Blitz: Da stehe ich in einer ehemaligen Kloster-Zelle mitten in Venedig am Canale Giudecca, und wer blinzelt mir von der Wand aus zu? Ein nordischer Kapitän mit Zipper-Rolli und Anker-Mütz‘. Ich zuckele 1300 Kilometer im Zug über die Alpen und mich begrüßt ein kerniges Moin aus Heimat?! Eine Wand, die bis vor 30 Jahren noch ein kleines Kloster im Gassengewirr Dorsoduros war, ehe ein Investor aus Mönchszellen Hotelzimmer machte und ein junges Team frischen Wind rein brachte. Glück gehabt, dachte ich, dass die noch was Bezahlbares frei hatten, als ich kürzlich zum Biennale-Gucken hin wollte. Glück?? Fügung! Genau diese Casa Accademia musste es sein. Denn die Merkwürdigkeiten nehmen kein Ende! Geweckt werde ich am ersten Tag früh um sechs von - Möwenkreischen! Ich blinzle den Käpt‘n an: „Lagune. Hafen. Schon klar.“ Ohne Kaffee mein erster Streifzug in die erwachende Serenissima mit ihrem unvergleichlichen Licht. Um acht knurrt der Magen: Zurück in die Casa zum Frühstücken. Ich trete in die Halle - wieder trifft mich der Schlag - und ich fall in den nächsten Stuhl! Träume ich, was mir aus der Musikbox entgegen schallt: „Wo sich die späten Nebel dreh’n, wie einst, Lilli Marleen...“? Lale Andersen. Die rauchige Stimme unserer Leher Deern, Liese-Lotte Helene Berta Bunneberg aus der Lutherstraße. Sophia an der Reception, Ende 20, guckt verblüfft, als mir vor Lachen die Tränen kommen. Halb Englisch, halb Italienisch stottere ich: Lale, der Käpt‘n, die Möwen, Bremerhaven... Sophia zuckt gelassen die Achseln: „Certo. Non ci sono coincidenze...“ Es gibt keine Zufälle. Und dann: „Klingt gut. Aber wer ist Lale Andersen?“

 Zufall oder Fügung: Im kleinen Hotelzimmer mitten in Venedigs Altstadt hängt als einziger Wandschmuck das Acrylbild eines unverkennbar nordischen Käpt'ns!

Ist das jetzt Zufall oder Fügung: Im kleinen Hotelzimmer mitten in Venedigs Altstadt hängt als einziger Wandschmuck das Acrylbild eines unverkennbar nordischen Käpt'ns! Und vorm Fenster kreischen Möwen - klar: Hafenstadt. Foto: Schwan

Susanne Schwan

Reporterin

Die gebürtige Düsseldorferin studierte an der Musikhochschule und war 12 Jahre Theaterschauspielerin. Nach Rundfunk-Ausbildung und Volontariat bei der NORDSEE-ZEITUNG ab 1999 leidenschaftliche Menschen- und Geschichtensammlerin. Nebenbei noch Auftritte mit Literaturprogrammen.

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