Selsingen

Urteil gegen Millionenbetrüger aus Ober Ochtenhausen rückt näher

Der Prozess gegen den Millionenbetrüger aus der Samtgemeinde Selsingen nähert sich dem Ende. Das Landgericht Stade hat am Montag die Beweisaufnahme gegen den Ex-Häftling (56) beendet. Ein Antrag auf Einstellung des Verfahrens wurde abgelehnt.

In der Justizvollzugsanstalt Bremervörde verbüßte der Angeklagte eine fünfjährige Freiheitsstrafe, als er 2016 auf Bewährung vorzeitig entlassen wurde. Noch als Freigänger soll er erneut seine Betrugsgeschäfte fortgesetzt haben.

In der Justizvollzugsanstalt Bremervörde verbüßte der Angeklagte eine fünfjährige Freiheitsstrafe, als er 2016 auf Bewährung vorzeitig entlassen wurde. Noch als Freigänger soll er erneut seine Betrugsgeschäfte fortgesetzt haben. Foto: Algermissen

Wie berichtet, verhandelt die 5. Große Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Stade wegen besonders schweren Betruges gegen den Angeklagten. Dem heutigen Ober Ochtenhausener, der ursprünglich aus dem Raum Diepholz stammt, wird vorgeworfen, private Geldgeber aus seinem Bekanntenkreis um 1,8 Millionen Euro gebracht zu haben. Das von seinen „Anlegern“ geliehene Geld sollte seinen Angaben nach in den Palmöl- oder Düngerhandel fließen. Statt, wie versprochen, stattliche Gewinne einzufahren, wurden mehrere Geldgeber Hunderttausende Euro los.

Am Montag musste die unter Vorsitz von Richter Stefan Tomczak tagende Wirtschaftskammer über einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens entscheiden. Rechtsanwalt Michael Stephan aus Dresden, der den Angeklagten vertritt, hatte argumentiert, dass die Taten verjährt seien. Die Kammer wies den Antrag zurück: Die Unterbrechung der für Betrug geltenden fünfjährigen Verjährungsfrist habe sehr wohl Bestand.

Mit Spannung erwartet wurde die Aussage der laut Anklage ehemaligen Lebensgefährtin des Angeklagten. Doch wieder brachte die Frau kein Licht ins Dunkel der Geldflüsse in Millionenhöhe, die bis 2017 teilweise auch über ihre Konten liefen.

Die 63-Jährige aus Weyhe, die einer Vorladung zu einem Verhandlungstag im März mit dem Argument, zur Tafel zu müssen, nicht gefolgt war, bat um die Beiordnung eines Anwaltes als Rechtsbeistand. „Ich habe noch nie vor Gericht gestanden und kann mir keinen Rechtsanwalt leisten. Ich fürchte, dass ich mich selbst belasten könnte“, argumentierte die Frau.

Den rechtlichen Beistand verwehrte der Richter der Zeugin. Tomczak erläuterte der Frau nach kurzer Unterbrechung, dass sie keinerlei Angaben machen müsse, mit denen sie sich selbst belastet. Letztlich berief sich die 63-Jährige auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht.

Angeklagter saß zweimal wegen Betruges hinter Gittern

Die Kammer beendete daraufhin die Beweisaufnahme. Auf Anregung von Staatsanwalt Dr. Burkhard Vonnahme stellte die Kammer einen Teil der dem Angeklagten vorgeworfenen Taten (Nummern 115 bis 143) nach Paragraf 154 der Strafprozessordnung vorläufig ein. Diese Möglichkeit hat das Gericht, wenn die bei Verurteilung zu erwartenden Strafen neben jenen für die verbleibenden Tatvorwürfe nicht ins Gewicht fallen.

Der Rest der verbliebenen 114 Betrugstaten wurde mit Blick auf die zwei, jeweils um Hunderttausende Euro betrogenen Geldgeber, zu zwei Fällen zusammengefasst. Grund: Das Gericht konnte jeweils mehrere Einzelüberweisungen einer Gesamttat zuordnen. „Als Folge steigt in den verbleibenden beiden Fällen die Betrugssumme“, betonte der Vorsitzende Richter, was Auswirkungen aufs drohende Strafmaß habe.

Schließlich verlas Tomczak insgesamt acht Vorstrafen des Angeklagten. Zwischen 1996 und 2017 wurde der 56-Jährige viermal zu Gefängnisstrafen, zweimal davon auf Bewährung, sowie mehrfach zu Geldstrafen verurteilt. Der 56-Jährige saß zweimal für jeweils vier Jahre hinter Gittern. Die Verurteilungen erfolgten immer wieder wegen teilweise gewerbsmäßigen Betruges, aber auch wegen Subventionsbetruges, vorsätzlicher Insolvenzverschleppung, Veruntreuung, Urkundenfälschung oder Unterschlagung.

Der voraussichtlich letzte Verhandlungstag ist für Donnerstag, 25. April, 9.15 Uhr angesetzt - mit den Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. „Wir wollen beim nächsten Mal fertig werden“, sagte Richter Tomczak und ließ damit durchblicken, dass die Urteilsverkündung am selben Tag erfolgen könnte.

Stefan Algermissen

Stefan Algermissen, 1967 in Hamburg geboren, mag das Leben auf dem platten Land. Seit 2000 ist er Redakteur bei der BZ. Mit Freude behält er Menschen und Geschehen in der Samtgemeinde Selsingen im Blick. Als Mann für alle Fälle springt der langjährige Fußballer auch im Sport ein.

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