Stop-and-go war nicht nur im Ortskern die Regel, auch in der Umgebung berichteten Autofahrer von Wartezeiten bis zu drei Stunden. Erst am Nachmittag entspannte sich die Lage auf den Straßen deutlich.
Dazu Polizeisprecher Heiner van der Werp: „Vormittags war es stellenweise etwas rumpelig.“ Er führt das darauf zurück, dass die meisten Anreisenden geballt unterwegs waren. „Sonst verteilt sich das mehr über den Tag, dieses Mal waren mehr als gedacht schon sehr früh unterwegs.“
Hurricane 2024 startet: Zahlreiche Fans reisen schon morgens an
Viele Fans des Musikfestivals mit an die 78000 erwarteten Besuchern waren schon in den frühen Morgenstunden aufgebrochen, um sich einen guten Zeltplatz zu sichern. Denn der erspart den Fans mitunter lange Wege auf dem Gelände. David, Annika und Anna aus Köln waren mit um 3.30 Uhr gestartet. Nach dem Paraokaville und „Rock am Ring“ ist der Festivalist zum ersten Mal beim Hurricane.
Den Weg nimmt er gern in Kauf: „Das Line-Up hat mich angesprochen, besonders Ed Sheeran!“ Im Auto vor ihm steigen einige Mädchen aus: „Zu Fuß sind wir schneller“, meint Katharina, 29, ebenfalls aus Köln. Eine Anwohnerin mit Rollator freut sich: „Endlich bin ich mal schneller als die Autos!“ Von Ungeduld keine Spur – aus vielen Autos dröhnen Beats, auf den Rückbänken werden die ersten Bierdosen geleert.
Lange Schlange bei der Bändchenausgabe
Bereits um 8 Uhr morgens waren die beiden Bändchenausgaben umlagert; ab 11 Uhr geht es auf der Scheeßeler Seite schneller; östlich des Festivalgeländes warten die zumeist jungen Leute bis zu zwei Stunden auf ihr Bändchen in Gelb oder Schwarz-Grün.
Erstmals liegt die Zahl derer, die beim Zelten Rasenuntergrund, weniger Müll und Lärm bevorzugen, bei 50 Prozent, teilen die Veranstalter mit.
Auch am Bahnhof ist von Hektik nichts zu spüren. Bereits am Anfang der Woche hat die Polizei einen Teil des Bahnhofsparkplatzes abgesperrt; Gedrängel kommt angesichts der Sonderzüge sowieso nicht auf.
Mehr als zufrieden sind die „Beekelöwen“, die auch in diesem Jahr ihren Stand am Weg zwischen Bahnhof und Gelände aufgeschlagen haben. „400 Campingstühle bis 11 Uhr“, vermeldet der Mitinitiator des Unterstützerkreises eine Syker Kinderhospizes, „dazu noch Luftmatratzen und Isomatten. Der Bierpongtisch, ebenfalls ein Relikt der Vorjahreshinterlassenschaften, sei als erstes weggegangen.
Ein Trio mit Namensschildern auf den Köpfen bedankt sich für die Dreingabe, ein Festivalset mit Zahnbürste und Kondom, mit einem Ukulelenständen. Das findet auch Lokalmatagor Joschua Lüdemann gut: Der Youtuber hat Gitarre und Verstärker im Bollerwagen, „alle haben Bock auf Musik, vielleicht sind da ein paar Euro drin.“
Ein Dorf in Partystimmung
Auch schräg gegenüber bei der örtlichen Lackfabrik Mankiewicz herrscht Partystimmung. Mit Beats, Dosenwerfen und Glücksrad kommen die zwei Ausbilder und zahlreiche Azubis der beiden Niederlassungen in Scheeßel und Hamburg mit den Fans ins Gespräch.
Im Vorjahr sei aus einem dieser Erstkontakte tatsächlich später ein Ausbildungsvertrag geworden, verrät Ausbilder Sebastian Paulmann. Vorerst hinterlassen Interessierte jedoch nur ihre Kontaktdaten, später nimmt das Unternehmen Kontakt auf. Das Interesse sei erstaunlich groß: „Viele bauen erst ihr Zelt auf und kommen dann nochmal zurück“, so Paulmann.
Auch andere lokale Gruppen haben die Besucher als Zielgruppe für sich entdeckt: Die Scheeßelerin Jasmin Dreyer und ihre Hamburger Mitstreiterin Majbritt Kremo sammeln Unterschriften für das Kinderhilfsprojekt „Jedes Kind zählt“; eine dritte Klasse der Scheeßeler Grundschule verkauft biologisch abbaubare Buttons an die Fans.
Mit ihren Bio-Buttons haben Eltern, Schüler und Klassenlehrerin Daniela Häckel beim Museumstag, beim Fest der Demokratie oder des Waldorfkindergartens bereits eine vierstellige Summe für die Klassenreise eingenommen – das Teambuilding beim Bouldern ist gesichert. Neben der Aufbesserung der Klassenkasse geht es aber auch um Erfahrungen hier vor Ort, wenn die Kinder mit ihren Festival-Designs bei den Fans Werbung machen.
Am späten Nachmittag sind die meisten Zeltburgen aufgebaut, erste Deko-Flamingos baumeln am Pavillon, durch die ersten Trichter fließt Bier. „Ein Großteil der Besucher dürfte schon da sein“ schätzt van der Werp.
Bei den üblichen Polizeikontrollen, die wie in den Vorjahren stationär in Sittensen und Sottrum durchgeführt werden, seien sechs Blutproben wegen des Verdachts von Fahren unter Drogeneinfluss genommen worden, „und das, obwohl wir die Kontrollen offen angekündigt haben“, wundert sich der Polizeisprecher. In wenigen Stunden öffnet das Zelt mit den ersten Livebands zum „Warmup“, Start der Konzerte von 90 Bands an drei Tagen auf vier Bühnen ist heute Nachmittag.