Deutschlands Jugend scheint am Ende. Multiple Krisen erzeugen bei vielen jungen Menschen Mutlosigkeit, Frust, Depression, Stress, Desinteresse. Die Zahl der Schulabbrecher steigt ebenso wie die der Gewalttäter. Das daraus erwachsenen gesellschaftliche Problem wirkt sich auf allen Ebenen aus. Forscher machen dafür die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, Inflationsängste, Armutsrisiken, fehlenden Wohnraum, die drohende Klimakatastrophe oder die augenscheinliche Spaltung der Gesellschaft verantwortlich.
Mir ist schleierhaft, was an dieser Phase multipler Krisen schlimmer sein soll als an Phasen multipler Krisen, wie sie meine Generation, die meiner Eltern und die meiner Großeltern in jungen Jahren zu meistern hatten.
Als ich jung war, tobten der Vietnamkrieg, der Sechstagekrieg, der Jom-Kippur-Krieg, weite Teile Afrikas standen in Flammen, auf deutschem Boden standen sich dies- und jenseits der Mauer weit mehr als eine Million Soldaten gegenüber. Viele Flüsse in Deutschland glichen Abwasserkanälen, mehrere schwere Ölkatastrophen ereigneten sich.
Als meine Eltern jung waren, war Europa ein Schlachtfeld, Deutschland lag in Trümmern und betrauerte die Opfer. Die Überlebenden standen vielfach vor dem Nichts, waren ausgebombt, geflohen, vertrieben worden. Das Wirtschaftswunder ließ noch Jahre auf sich warten. Entbehrungen prägten das Leben.
Als meine Großeltern jung waren, erlebten sie Krieg, die Spanische Grippe, das Ende des Kaiserreichs, Revolution, Bürgerkrieg, Hunger, Hyperinflation, Massenarbeitslosigkeit, Verelendung.