Cuxland

Rechten Parolen Paroli bieten: Tipps, wie klare Worte dumpfe Sprüche stoppen

Dumpfe menschenverachtende Sprüche im Bus oder rassistisches Gegröle im Party-Song: Kante zeigen, um die Grenzüberschreitung deutlich zu machen. Aber wie kann das funktionieren? Eine Expertin gibt Tipps.

Dozentin Helga Gundlach mit handgeschriebenen Karten.

Mit Kommunikationsstragien gegen dumme Sprüche und rechte Parolen auskontern: Helga Barbara Gundlach zeigt, wie es geht. Foto: Privat

Schweigen kann Zustimmung bedeuten, sagt Helga Barbara Gundlach. Also, besser etwas sagen. Doch leichter gesagt als getan, wenn extreme, provozierende, rechtsextreme Sprüche einen kalt erwischen. Auf Sylt wurden rassistische Parolen zu dem Party-Song "L'amour toujours" von Gigi d'Agostino gesungen. Sowohl in Otterndorf an einer Schulbushaltestelle als auch auf einem Campingplatz in Nordenham hat es ähnliche Vorfälle in jüngster Zeit gegeben. Die Kommunikationstrainerin aus Hannover rät dazu, Haltung zu zeigen. Menschen mit anderer Meinung sollten trotzdem nicht ausgeschlossen werden. Wie das gelingen kann, hat sie kürzlich auf Einladung des Frauenrats Cuxhaven in der Volkshochschule Otterndorf gezeigt. 15 Teilnehmerinnen im Alter von 20 bis 70 Jahren aus unterschiedlichsten Lebensbereichen haben in einem Workshop passende Reaktionen geübt.

Fünf Beispiele, wie typische Situationen, laut Gundlach, mit Worten entwaffnet werden:

1. Situation: Ob auf dem Campingplatz, dem Schulhof oder einer Party: Die Stimmung kippt, als der Party-Hit mit rassistischen Gesängen verunglimpft wird.

Workshopsituation mit Helga Barbara Gundlach

Kontern gegen rechts: Dozentin Helga Barbara Gundlach beim Workshop vom Frauenrat Cuxhaven. Foto: Privat

Es gibt keine allgemeingültige Regel. Es muss zu der Person und der Situation passen. Aber besser etwas dazu sagen, als es schweigend hinnehmen. Das könnte als Zustimmung gewertet werden. Infragestellen ist eine Möglichkeit: „Wisst ihr eigentlich, was ihr das singt?“ Oder „Das ist nicht witzig, weil es andere Menschen verletzt, und dann fühle ich mich auch verletzt.“ Die persönliche Betroffenheit lässt sich noch erweitern, wenn man an Freunde mit anderer Herkunft oder an bekannte Fußballer erinnert.

Doch gegen laute Musik anschreien und mit Betrunkenen diskutieren?

Selbstschutz geht vor. Deshalb das Personal oder dem verantwortlichen Veranstalter Bescheid sagen. Wenn diese es nicht ernst nehmen, dann die Situation mit dem Handy in Bildern oder Videos dokumentieren. Auch den Notruf 110 zu wählen, ist eine Option, auf jeden Fall Zivilcourage zeigen. Den DJ kann man auch bitten, die Musik abzustellen. Leichter fällt es, sich mit anderen zusammenzutun.

Die Person ist für Argumente nicht erreichbar.

Sich von ihrer Aussage zu distanzieren, ist trotzdem wichtig, um den anderen Zuhörern zu signalisieren, dass eine Grenze überschritten ist.

2. Situation: Im Bus werde ich Ohrenzeuge, wie über Menschen mit anderer Hautfarbe hergezogen wird.

Statt einfach darüber hinwegzuhören, kann ich mit einer Frage erst mal die Situation stoppen: „Können Sie das bitte unterlassen?“

3. Situation: Bei einer Dienstbesprechung wird ein Kollege ausfällig. Um es zu bagatellisieren, sagt er: „Da kann man doch drüber lachen.“ Oder ganz beliebt: „Ich kann ja wohl noch meine Meinung sagen.“

Ein Plakat

Eine kleine Gruppe von Punks hat nach dem Rassismus-Eklat gegenüber dem „Pony Club“ in Kampen auf Sylt eine Mahnwache eingerichtet. Dort wurde der Party-Hit mit rassistischen Parolen gesungen. Foto: Bodo Marks

Wer sich auf das Grundgesetz der freien Meinungsäußerung bezieht, sollte den Artikel 2 und 5 komplett im Kopf haben, denn die Freiheit reicht bis zur persönlichen Ehre des anderen: „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“

4. Situation: Auf der Familienfeier spricht ein Onkel menschenverachtend.

Wenn ich verhindern will, dass die Feier durch seine rassistischen, homophoben und behindertenfeindlichen Monologe gesprengt wird, ihn vorab kontaktieren und absprechen, dass dieses Thema besser ausgeklammert wird, da bekannt ist, dass man da unterschiedlicher Meinung ist. Es ist auch möglich, ein Gesprächsangebot außerhalb der Feier zu unterbreiten, um in den Dialog zu kommen.

Es kommt spontan zu solch einer Grenzüberschreitung.

Ich kann mich klar abgrenzen, indem ich darauf hinweise, dass dies mein Haus und meine Feier ist: „Hier sprechen wir so nicht.“

Ob Onkel oder Kumpel: Ich will es mir mit der Person nicht verderben.

Helga Barbara Gundlach

Helga Barbara Gundlach, Kommunikationstrainerin Foto: Privat

Besser nicht bloßstellen, sondern einen wertschätzenden Rückzug anbieten, damit die Person nicht demaskiert wird. Sie sollte noch die Chance einer Hintertür haben, um aus der Situation herauszukommen. Folgendes kann man entgegnen: „Du, ich arbeite wirklich gern mit dir zusammen. Aber was du da gerade sagst, geht für mich gar nicht. Ich glaube, darüber sollten wir ein anderes Mal in Ruhe reden.“

Ich brauche einen Rettungsanker, wenn ich überrumpelt bin.

Die Schrecksekunde lässt sich überwinden. Zeit gewinnen, indem ich sage: „Stopp, das ist nicht der richtige Zeitpunkt.“ Und Fragen stellen. Dann merke ich, worum es der anderen Person genau geht oder ob es nur heiße Luft ist. Zudem gewinne ich Zeit für eine Reaktion: „Wo steht das genau?“, „Wen meinst du mit „die“? Oder „Inwiefern betrifft dich das?“

5. Situation: Rollenwechsel. Ich plane eine Veranstaltung und will von vornherein einen Eklat verhindern.

Offensiv ist besser als defensiv. Wenn ich abwarte, ob was passiert, dann arbeite ich mich immer an anderen ab. Bei der Eröffnung kann ich, egal ob beim Familientreffen oder einem Mitarbeiterfest, gleich den Wind aus den Segeln nehmen, indem ich positiv von meiner Haltung erzähle. Positive Botschaften setzen, vielleicht auch Anekdoten erzählen, die meine Position verdeutlichen.

Mehr Informationen zum Thema

Wer das Thema vertiefen will, kann in ihrem Ratgeber „Rechte Parolen kompetent kontern“ mehr dazu lesen. Es ist ein Wegweiser für pädagogische und psychosoziale Arbeit angelegt und im Verlag Vandenhoeck und Ruprecht erschienen und für 13 Euro erhältlich. Mehr Informationen zu ihrer Seminararbeit gibt es auf der Webseite https://www.helga-b-gundlach.de/.

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