Zeven

Ein Hoch auf die heimischen Sperrmüllsammler

Ein Gefühl der Befreiung schwingt mit, wenn es vollbracht ist - wenn Keller, Schuppen, Garage ausgemistet sind. Doch das Gefühl verfliegt im Nu. Das Studium der Abfallbroschüre des Landkreises vermiest einem die Stimmung. Erstens lässt die in der Broschüre aufgeführte Beschreibung, was als Sperrmüll gelten darf, Raum für Interpretationen, und zweitens muss das vor dem Haus versammelte Sammelsurium nunmehr sortiert werden. Dabei ist es ratsam, die Broschüre griffbereit zu halten.

Ein angebrochener Karton Fliesen: kein Sperrmüll, sondern Bauschutt. Kinderspielzeug: kein Sperrmüll, sondern Hausmüll. Toaster: Kein Sperrmüll, sondern Elektrokleingerät. Waschbecken: Kein Sperrmüll, sondern Bauschutt. Stuhlrollen: Kein Sperrmüll, sondern Kleinteil - also Mülltonne. Zimmertür aus Holz: Kein Sperrmüll. Und so weiter und so fort.

Ich bekenne: Ich habe die Broschüre weggelegt und alles, was vor mir lag, an die Straße geschafft. Und zwar nicht erst wie in der Broschüre ausdrücklich angeraten am Abholtag vor Sonnenaufgang, sondern am Vortag zur Feierabendzeit. Findet doch manches Stück erfahrungsgemäß einen Abnehmer, bevor der Müllwagen anrollt.

So auch dieses Mal. Am nächsten Morgen hatte, sehr zu meiner Genugtuung, wohl die Hälfte des von mir vor dem Zaun aufgereihten Entsorgungsguts einen neuen Besitzer. Ich wähnte mich in der glücklichen Lage, nach Feierabend sperrmülllos zu sein. Und wurde enttäuscht.

Eine Schranktür und Glasscheiben einer Schiebetür: nicht mitgenommen, obgleich es sich dabei unzweideutig um Bestandteile von Mobiliar - also Sperrmüll - handelt. Ein Spiegel im Holzrahmen: Nicht mitgenommen. Eine Waschbeckenarmatur: Nicht mitgenommen. Zählt derlei als Sanitärkeramik und gilt mithin als Bauschutt?

Während ich das Verschmähte zurück in den Schuppen trage, spüre ich, wie Groll in mir wächst. Mit Mühe gelingt es mir, den Gedanken zu verscheuchen, die Scheiben und den Spiegel zu zertrümmern, die Scherben in einen Eimer zu schütten und in den Altglascontainer zu kippen. Dieser Tage fahre ich nach Rehr.

Thorsten Kratzmann

Reporter

Thorsten Kratzmann stammt aus Zeven, hat in Göttingen und Hamburg Geschichte, Ethnologie und Politik studiert und ist seit 1994 bei der Zevener Zeitung beschäftigt.

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