Wo der Alltag nicht von Mangel beherrscht wird

In mir reift der Gedanke, Deutschland ist weit und breit das einzige Land, in dem Mangel herrscht: Mangel an Lebensfreude, an Freundlichkeit, Zuverlässigkeit, Sauberkeit, E-Mobilität, Ladenöffnungszeit, an der Bereitschaft, sich an Regeln zu halten, an Fachkräften und und und.

Den gedanklichen Reifeprozess gefördert haben Aufenthalte in Schweden und Spanien. Hier wie dort grüßt die Eine den Anderen, wenn sie einander im Treppenflur begegnen und zuvor nie zu Gesicht bekommen haben. Hier wie dort tragen die Einheimischen zumeist keine Miesepetrigkeit ins Gesicht geschrieben, wenn sie vor die Tür treten.

Weder in Schweden noch in Spanien sind Zugverspätungen die Regel. Fußgänger nutzen die in den Städten reichlich aufgestellten (und geleerten) Mülleimer, um Brötchentüten und Kaffeebecher zu entsorgen. Auch Raucher steuern die Behältnisse an, um sich ihrer Kippen zu entledigen.

Hier wie dort scheint die Mehrzahl der Roller und Autofahrer stromgetrieben unterwegs zu sein. Hier wie dort pflegen Fußgänger auf schmalen Gehwegen im Begegnungsverkehr nicht zwanghaft neben, sondern hintereinander zu gehen. Die in Parks zuweilen aufgestellten Schilder, vom Betreten des Beetes bitte abzusehen, treffen hier wie dort tatsächlich auf Beachtung.

Hier wie dort sind Geschäfte nicht ausschließlich dann geöffnet, wenn dem Gros der Bevölkerung ein Besuch verwehrt ist. Fachkräfte scheinen sowohl im Einzelhandel als auch bei Vater Staat in ausreichender Zahl zur Verfügung zu stehen, um sonntags für Bedienung, Beratung, Sicherheit und Ordnung zu sorgen.

Und dann wäre da noch als überaus positiv zu vermerken, dass hier wie dort geharkt und nicht für jede Ansammlung von Herbstlaub eine Höllenmaschine angeworfen wird. An Saugern und Bläsern herrscht in Deutschland zu meinem Leidwesen kein Mangel.