„Wir hatten mal ein funktionierendes Schulsystem“, doch es ist längst kollabiert. Das sagte ein erfahrener Lehrer aus Bremerhaven unserer Reporterin Denise von der Ahé. Ihr Bericht über den Klartext des Lehrers schlug auf Facebook regelrecht ein: Noch nie ist ein Text von Nordsee-Zeitung.de dort so oft geteilt, geliked und kommentiert worden.
Wir dokumentieren hier 50 der rund tausend Kommentare – thematisch geordnet.
Warum gibt es keinen Respekt im Klassenzimmer mehr?
Viele der Kommentatoren bestätigen einen Mangel an Respekt im Klassenzimmer. Sie berichten von Unterbrechungen des Unterrichts, von unerlaubtem Verlassen des Klassenzimmers und sogar von Angriffen auf Lehrer.
Daniela Nollau: „Wenn ich von meinen Mädels höre, dass ein Mitschüler den Lehrer angegangen ist und dieser dann weinend die Klasse verlassen hat, frage ich mich, was im Elternhaus schiefläuft.“
Antje Krämer: „Ich sage nur, die Erziehung fängt zu Hause an.“
Roswitha Rokoko: „Der Lehrer muss alles andere sein als Wissensvermittler, und seine Autorität wird infrage gestellt. Es ist in Vergessenheit geraten, dass gute Umgangsformen international sind.“
Sind die Lehrer schuld an der Schul-Misere?
Die Schuldfrage ist umstritten. Während einige der Kommentatoren die Lehrer als Hauptverantwortliche sehen, weisen andere auf gesellschaftliche Veränderungen und Personalmangel hin.
Jens Thölking: „Lehrkräfte wollen bzw. haben weniger Mittel zur Disziplinierung als wir Trainer auf der Judo-Matte.“
Marie Baketbeanes: „Die meisten Erwachsenen sind nicht die besten Vorbilder, was Respekt, Anstand, Empathie, Courage, gute Manieren, Bildung etc. betrifft, also da muss angesetzt werden! Die meisten Lehrer sind nicht mehr so ausgebildet wie früher, von Motivation ganz zu schweigen. Ausnahmen gibt es natürlich!“
Günther Schatz: „Ordnung und Disziplin sind Voraussetzung für jeden Schüler wie auch Lehrer.“
Welche Rolle spielen die Eltern?
Viele sehen die Eltern als Schuldige.
Heidelinde Weiss: „Zum größten Teil haben die Eltern Schuld! Fahren die großen Kinder bis vor die Schultür, erledigen zum Teil deren Hausaufgaben, geben den Kindern keine Grenzen und Respekt! Oft bekommen die Lehrer Schuld, was nicht o.k. ist!“
Drea Muckl: „Weil Kinder nur noch verhätschelt werden. Wie sollen Kinder noch Respekt lernen? Funktioniert nicht. Schau dir unsere heutigen 13- bis 14-Jährigen an.“
Susanne Radke: „Erziehung fängt zu Hause an. Da hier meist die Zeit oder das Interesse fehlen, ist die ergänzende Bildung und Formung der Kinder zum Scheitern verurteilt.“
Nadine Gellrich: „Erziehung fängt zu Hause an. Ja, schon klar, sollte so sein! Bloß: Jedes zweite Kind muss schon mit ein, zwei Jahren in die Kita, das bis nachmittags. Dann Schule, und am besten noch danach Betreuung. Das ist die heutige Zeit, ihr Lieben.“
Martina Wagner: „Weil die Erziehung schon zu Hause schiefläuft, können die Lehrer vieles nicht mehr auffangen. Kinder weg vom Smartphone, raus zum Spielen und in die Natur. Ab auf den Bauernhof und zeigen, wo die Lebensmittel herkommen. Kinder austoben und auspowern lassen, sich hinsetzen und ihnen vorlesen, mit ihnen basteln usw. Nicht alles auf andere abwälzen, in erster Linie müssen die Eltern wirken, dann funktioniert es auch in der Schule.“
Holger Neumann: „Es kommt auch sicherlich vor, dass sich Eltern am Abend kaum noch für die Schule des Kindes interessieren. Sie hatten einen anstrengenden Arbeitstag.“
Ist die Generation Z das Problem?
Generation Z bezeichnet junge Menschen, die zwischen 1995 und 2010 geboren sind. Viele der Kommentatoren sehen sie als das Hauptproblem.
Karin Hila: „Die antiautoritäre Erziehung trägt jetzt ihre Früchte aus.“
Silke Newmän: „Da müssen dann alle mal aktiv werden und nicht nur der Regierung die Schuld geben. Es geht um unsere Kinder - die neuen Generationen! Groß diskutieren und jammern, aber bewegen mag sich keiner?!“
Markus Kretschmer: „Kinder, deren Aufmerksamkeitsspanne der Länge eines TikTok-Videos entspricht, werden sich nie lange mit einem Problem befassen.“
Martin Gusek: "Dann bleibt wohl nur noch: Influencer:Innen oder Politiker:Innen bei SPD und Bündnis90?“
Cornelius Carter: „Ja was denn? Jeder wird jetzt TikTok- Insta-Superstar.“
Rainer Herter: „Die Kinder der Konsumsklaven.“
Welchen Einfluss hat die Migration auf den Schul-Alltag?
Auch die Auswirkungen der Migration auf den Schul-Alltag ist Gegenstand von Diskussionen. Einige User finden, dass Migranten und eingeschränkte Sprachkenntnisse negativen Einfluss auf den Unterricht haben.
Björn Lukas findet: „Es gibt viel zu viele Kinder in der Klasse, die nicht die deutsche Sprache auch nur im Ansatz beherrschen.“
Игорь Антон: „Es funktioniert nicht mehr, weil hier bestimmte Menschen eingewandert sind, die unser System nicht annehmen wollen.“
Stupp Michael: „Wie sollen sich die Schüler auch vernünftig in deutschen Schulen integrieren können? Pro Klasse ein deutscher Schüler und der Rest sämtliche Nationalitäten. Zu meiner Zeit war es umgekehrt. Und siehe da, es hat damals sehr gut funktioniert. Aber das will leider keiner hören!“
Oliver Mach: „Alles importierte Probleme.“
Ist die Migration in der Schul-Frage ein Tabu-Thema?
Manche argumentieren, dass die Aspekte der Migration in der öffentlichen Diskussion tabuisiert werden.
Uschi Em: „Kulturell bedingt, es handelt sich meist immer um das selbe Klientel.“
Hat die Schule ihren Leistungsanspruch aufgegeben?
Die Debatte darüber, ob die Schule ihren Leistungsanspruch aufgegeben hat, zieht sich durch die Kommentare.
Jacque Line: „Dafür gibt es Privatschulen! Wer nicht bezahlen kann, bleibt draußen in den Schulen mit hohem Migrantenanteil. Und was wird das dann? Deutsch? Mathe? Benehmen? Und so weiter. Einfach nur logisch.“
Martin Karkosch: „In der Schule wird einem auch viel Schwachsinn beigebracht, Wichtiges nicht: Steuererklärung, Überweisungen ausfüllen, welche Versicherungen wichtig sind, Umgang mit Geld.“
Sven Son: „Weil man in den letzten 20 Jahren Regeln abgeschafft hat. Weil die Eltern ihre Kinder nicht erziehen. Weil keine Leistung mehr gefragt ist. Jeder Dumme kann aufs Gymnasium. Und weil jeder weiß, wenn ich nichts mache, kriege ich Bürgergeld. Außerdem ist das ganze System kaputt. Was und wie wird gelehrt? Wichtiges, Deutsch und Mathe. Wenig Hausaufgaben und Arbeiten. Auch einige Lehrer sind nur da, weil die Kohle und die Freizeit stimmt.“
Uwe Kleinhans: „Wir müssten zunächst erst einmal wieder über Beschulbarkeit von Schulklassen reden.“
War früher alles besser?
Auch die Frage, ob früher alles besser war, prät die Debatte über die Schul-Misere. Etliche Kommentatoren argumentieren für traditionelle Erziehungsmethoden, andere für deren Weiterentwicklung.
Peter Borkowski: „Einfach mal die Zeit bis 1970 zurückdrehen und diese Methoden wieder anwenden. Und das rigoros durchziehen und die Eltern mit in die Pflicht nehmen. Wenn Staat, Schule und Eltern sich absprechen, dann funktioniert auch die Schule wieder.“
Antje Bender-Hardt: „Ach Leute, hier überwiegt in den Kommentaren ja der Ansatz, Kinder hätten keine Erziehung mehr, Eltern sind schuld, früher war alles anders. Ja, das war es, aber es war nicht wirklich besser. Unabhängig von veränderten Erziehungsstilen (weg vom autoritären Stil mit Bestrafung/Konditionierung hin zu „auf Augenhöhe“) ist unser Schulsystem veraltet, das ist doch seit Jahrzehnten bekannt.“
Und wie kann die Lage an unseren Schulen verbessert werden?
Einige User finden, dass die Verbesserung an unseren Schulen ganzheitlich gedacht werden muss.
Rudolf Schäfer: „Kinder mit Migrationshintergrund müssten in speziellen Schulen unterrichtet werden, wenn sie der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Außerdem dürften die Klassen nicht mehr als 24 Schüler haben.“
Franz Trinkaus: „Es wird Zeit für Veränderung! Rückkehr zum dreigliedrigen Schulsystem mit klarer Zielsetzung: Gymnasium – Studium, Realschule – kaufmännische Berufe, Hauptschule – Handwerk. Dennoch durchlässige Strukturen und warum nicht bei einer guten Lehre und ein paar Extrakursen die direkte Hochschul-, Fachhochschulzugangsberechtigung. Qualifizierte Haupt- und Realschulabschlüsse mit zentralen Abschlussprüfungen in Mathe.“
Janine Moser: „Das Schulsystem ist veraltet. Deutschland sollte es endlich lockern. Dänemark mal als Beispiel. Endlich mal neue Wege gehen.“
Silke Yrjänheikki: „Bei einigen Kommentaren erkennt man, dass das System wohl auch früher schon versagt hat.“
Alle rund 1000 Kommentare sind hier auf der Facebook-Seite der Nordsee-Zeitung zu finden.