Picasso, Liebermann, Hundertwasser, Munch, Cezanne - oder Banksy?! Waren sie hier, die Geister der Expressionisten Europas, die Modernen der Welt? Dass Bremerhaven eine bunte Hafenstadt ist, mit Menschen aller Couleur, aller Nationalitäten, ist ja ein alter Hut. Ein neuer ist dieser: Die steingraue, triste Weite des Willy-Brandt-Platzes funkelt Farbe in die Welt. Als ich abends noch zum Bummeln raus an die Seebäderkaje komme, stiehlt es dem Sonnenuntergang die Show: Vorn am Kajenrand, das „Fahnen-Häuschen“: Eines von denen, die die Versorgungsanschlüsse für anlegende Schiffe optisch raffiniert verbergen. Die Dinger sind pfiffig konstruierte Hingucker - aber farblos, langweilig, mausgrau. Stahlgrau. „Warum eigentlich?“, muss sich ein Mensch gedacht haben. Und hat das eine Häuschen von oben bis unten in Farbe getunkt. In fantastische Gebilde, Landschaften, Städte.
Wunderbar. Ich fühle mich an die Expressionisten, an Pop-Art-Maler erinnert. Oder an Banksy. Und so heimlich, wie der seine Kunst in Venedig, Madrid oder Oslo auf Allerweltswände fabriziert, so hat hier ein Farbenfreund - in wessen Auftrag oder nicht, ist mir wumpe - in liebevoller Detailarbeit stundenlang gemalt, Szenen, Symbole, Figuren, Träumereien. Traumhaft. Jede Menge Leute kommen längs, lächeln, knipsen. Meine Freundin Andrea erzählt mir später, sooo heimlich war’s nicht, sie hat den Mann dabei beobachtet, aber keinen Namen notiert. Ich hoffe bloß, er malt weiter. Da stehen noch mehr Häuschen. Und Bremerhavens bunter europäischer Geist passt prima dahin.