Bremerhaven

Gemalte Träumereien zaubern auf mausgraue Seebäderkaje europäischen Farbenrausch

Moin - in dieser täglichen Kolumne der NORDSEE-ZEITUNG erzählen die Autoren manch Erlebtes in schillernden Farben. Vor der Europa-Wahl besonders bunt.

Als hätten die Geister der europäischen Expressionisten Cezanne, Hundertwasser, Picasso oder Van Gogh den Pinsel geschwungen: An Bremerhavens trister grauer Seebäderkaje prangt ein farbenstrotzender Hingucker - Traumgebilde, wie von Geisterhand anonym hingezaubert.  

Als hätten die Geister der europäischen Expressionisten Cezanne, Hundertwasser, Picasso oder Van Gogh den Pinsel geschwungen: An Bremerhavens trister grauer Seebäderkaje prangt ein farbenstrotzender Hingucker - Traumgebilde, wie von Geisterhand anonym hingezaubert. Foto: Schwan

Picasso, Liebermann, Hundertwasser, Munch, Cezanne - oder Banksy?! Waren sie hier, die Geister der Expressionisten Europas, die Modernen der Welt? Dass Bremerhaven eine bunte Hafenstadt ist, mit Menschen aller Couleur, aller Nationalitäten, ist ja ein alter Hut. Ein neuer ist dieser: Die steingraue, triste Weite des Willy-Brandt-Platzes funkelt Farbe in die Welt. Als ich abends noch zum Bummeln raus an die Seebäderkaje komme, stiehlt es dem Sonnenuntergang die Show: Vorn am Kajenrand, das „Fahnen-Häuschen“: Eines von denen, die die Versorgungsanschlüsse für anlegende Schiffe optisch raffiniert verbergen. Die Dinger sind pfiffig konstruierte Hingucker - aber farblos, langweilig, mausgrau. Stahlgrau. „Warum eigentlich?“, muss sich ein Mensch gedacht haben. Und hat das eine Häuschen von oben bis unten in Farbe getunkt. In fantastische Gebilde, Landschaften, Städte.

Wunderbar. Ich fühle mich an die Expressionisten, an Pop-Art-Maler erinnert. Oder an Banksy. Und so heimlich, wie der seine Kunst in Venedig, Madrid oder Oslo auf Allerweltswände fabriziert, so hat hier ein Farbenfreund - in wessen Auftrag oder nicht, ist mir wumpe - in liebevoller Detailarbeit stundenlang gemalt, Szenen, Symbole, Figuren, Träumereien. Traumhaft. Jede Menge Leute kommen längs, lächeln, knipsen. Meine Freundin Andrea erzählt mir später, sooo heimlich war’s nicht, sie hat den Mann dabei beobachtet, aber keinen Namen notiert. Ich hoffe bloß, er malt weiter. Da stehen noch mehr Häuschen. Und Bremerhavens bunter europäischer Geist passt prima dahin.

Picasso, Banksy, Cezanne, Munch...? Europas Expressionisten-Größen in Bremerhavens „guter Stube“? Es hat viel davon, das farbensprühende Gebilde,  mit denen ein anonymer Street-Art-Künstler die grauen Versorgungskästen an der Seebäderkaje Bremerhaven zum Leuchten gebracht hat.

Picasso, Banksy, Cezanne, Munch...? Europas Expressionisten-Größen in Bremerhavens „guter Stube“? Es hat viel davon, das farbensprühende Gebilde, mit denen ein anonymer Street-Art-Künstler die grauen Versorgungskästen an der Seebäderkaje Bremerhaven zum Leuchten gebracht hat. Das Wimmelbild zum optischen Spazierengehen passt fabelhaft zur europäisch geprägten Hafenstadt. Foto: Schwan

Susanne Schwan

Reporterin

Die gebürtige Düsseldorferin studierte an der Musikhochschule und war 12 Jahre Theaterschauspielerin. Nach Rundfunk-Ausbildung und Volontariat bei der NORDSEE-ZEITUNG ab 1999 leidenschaftliche Menschen- und Geschichtensammlerin. Nebenbei noch Auftritte mit Literaturprogrammen.

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