An der rauschenden Kreuzung von Elbestraße und Friedrich-Ebert-Straße sehe ich einen Mann, wie er ruhig seinen Blick auf eine Hauswand richtet. Er hält seine Hand auf ein Schild, das an der Mauer hängt, und liest.
Diesen Moment habe ich schon vor einiger Zeit beobachtet, und er ist mir im Gedächtnis geblieben. Das Schild, das der Mann sorgfältig studierte, erinnert an die Schrecken, die das Gebäude an der Ecke vor mehr als 80 Jahren erschütterten. Mit den Worten „Andersdenkende wurden in diesem Haus gepeinigt und gefoltert“, erinnert es an die Verbrechen der deutschen Geheimpolizei (Gestapo) während der NS-Herrschaft.
Heute ist es 86 Jahre her, dass in Bremerhaven Jüdinnen und Juden in der Reichspogromnacht um ihr Leben fürchten mussten. Bremerhavener Männer zerstörten Geschäfte, vertrieben Familien aus ihren Wohnungen und in den frühen Morgenstunden stand die Synagoge in Geestemünde in Flammen.
Der Herr auf dem Bürgersteig wurde für einen Moment erinnert, wie selbstverständlich Gewalt damals in Bremerhaven war. Es waren dieselben Straßen wie heute, in denen das möglich war.
Ich denke heute an die Bremerhavenerinnen und Bremerhavener, die damals ihre Existenz, ihre Hoffnung und ihr Leben verloren.