Die Bremerhavener Innenstadt muss für die Zukunft fit gemacht werden. Darüber waren sich wohl alle einig. Doch der Weg dahin sorgte für Diskussionen beim Bürgerdialog. Dazu hatte die Stadt eingeladen, um über aktuelle Planungen zu informieren. Rund 140 Personen nutzten die Möglichkeit, sich auf den Stand zu bringen.
Der Ausgangspunkt
Ausgangspunkt ist, die Havenwelten und die Innenstadt zu verknüpfen und mehr Leben in die City zu bringen. Durch den Abriss des Karstadt-Klotzes wird eine Sichtachse möglich zwischen Havenwelten und Innenstadt. Auf dem Gelände von Karstadt, das gerade abgerissen wird, soll ein Gebäude, das in erster Linie für die Bremerhavener selbst anziehend ist, aber auch für Besucher der Stadt. Unter anderem sollen dort eine Stadtbibliothek und eine moderne Jugendherberge einziehen und Menschen in die City ziehen. Flächen für den Handel brauche die Innenstadt nicht mehr, meinte Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD) angesichts von Laden-Leerstand und Online-Geschäft. Sie hätten sich bewusst dagegen entschieden. Grantz warb leidenschaftlich dafür, in die Zukunft zu denken.
Der Zeitplan
Sieghard Lückehe, Geschäftsführer der Stäwog, findet die Idee „faszinierend“. Die städtische Wohnungsgesellschaft soll das Gebäude bauen. In anderen Städten funktionierten solche Modelle. „Ich bin mir sicher, dass wir das auch für Bremerhaven schaffen.“ Das Alfred-Wegener-Institut (AWI) beispielsweise hat ihm gerade geschrieben, sich einbringen zu wollen. Zurzeit wird eine Machbarkeitsstudie erarbeitet, die im März oder April 2025 auf dem Tisch liegen soll. Danach wäre die eigentliche Planung möglich, 2027 könnte Baubeginn sein, 2029 wäre das Haus fertig.
Die Jugendherberge
Für die meiste Diskussion sorgte die Jugendherberge. Thorsten Richter, Geschäftsführer beim Deutschen Jugendherbergswerk, stellte den Bürgern vor, wie eine moderne Jugendherberge aussieht. Muckefuck, Bohnerwachs und Herbergsvater waren gestern. Heutzutage öffnen sich Jugendherbergen mit Gastronomie, gemeinschaftlichem Arbeiten, Seminarräumen und Bildungsprogramm. Für Bremerhaven ist ein Inklusionsbetrieb angedacht, wo Menschen mit Handicap Arbeitsplätze finden könnten. 250 Betten kann sich Richter vorstellen. „Ich gehe davon aus, dass 25 bis 30 Prozent Familien ins Haus kommen“, sagte er. Dazu kämen Schulklassen, außerdem Tagungs- und Seminargäste. Bildungsangebote im Bereich Nachhaltigkeit gehören zum Programm, wobei das Klimahaus ein zentraler Partner sein könnte. Richter sprach von einer „wunderschönen Möglichkeit, Synergien zu erzeugen“. Entscheidend seien die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie.
Die Kritik
Kritiker konnten nicht nachvollziehen, welchen Effekt eine Jugendherberge an diesem zentralen Ort für die Innenstadt haben würde. Hinter den 84 Euro, die ein Jugendherbergs-Gast nach Angaben des Geschäftsführers pro Tag ausgebe, machten sie ein dickes Fragezeichen. Sie wollten wissen, ob auch ein anderer Standort in der Stadt geprüft worden ist, und Unternehmer Lars Wübben brachte noch mal das Kistner-Gelände ins Gespräch. „Wir brauchen doch in der Innenstadt einen Magneten“, meinte Piet Rothe, selbst Hotelier und Bremerhavens Vertreter bei der Dehoga. Für ihn hinkt der Vergleich zum Beispiel mit dem Forum in Groningen: „Da ist das Haus der Star“, spielte er auf die spektakuläre Architektur an. Auch die Frage nach einem Bieterverfahren tauchte auf. Eine Idee, welcher „Magnet“ denn Menschen in die Innenstadt locken soll, kam an dem Abend in der Volkshochschule nicht. Bürgermeister Torsten Neuhoff (CDU) meinte: „Die Wahrheit ist, dass wir keine Alternative haben.“ Aber auch er vertrat den eingeschlagenen Kurs und erinnerte an 30.000 Übernachtungen, die mit der alten Jugendherberge weggefallen sind.
Wohin schlug das Meinungspendel?
Schwer zu sagen. Will man Zustimmung und Ablehnung am Applaus messen, so war das Klatschen nicht immer konsequent. Manche Besucher konnten sich mit Teilen anfreunden, andere diskutierten im Anschluss auf dem Bürgersteig weiter. Oberbürgermeister Melf Grantz kann nicht verstehen, warum man junge Menschen und Familien nicht mitten in der Stadt ansiedeln will. Die Jugendherberge bediene ein Segment, „das die Hotelbetreiber nicht bedienen“. Er sprach auch von Investoren, die angesichts der Pläne für die Innenstadt nun über das C&A-Gebäude und das Eulenhof-Grundstück zwischen dem Geestbank-Gebäude und dem Columbuscenter neu nachdenken.
Da war noch was...
Volker Heigenmooser, ehemaliger Pressesprecher der Stadt, drehte die Diskussion am Ende zurück auf den Ursprung: die Verbindung von Havenwelten und Innenstadt. Das Problem sei die breite Columbusstraße, die wie ein Riegel wirken würde. „Wir haben in der Politik eine Blockadehaltung.“ Die müsse aufgebrochen werden.