Zeven

Bloß nicht das Gute aus dem Blick verlieren

Das Gute an Rotenburg ist bekanntlich der Bahnhof. Weniger gut ist, dass die Strecke nach Hamburg vom Metronom bedient wird. Nun gehöre ich glücklicherweise nicht zu denen, die auf den Zug angewiesen sind, um zur Arbeit zu kommen, dennoch ist der Metronom häufig Ursache schlechter Laune.

Sie wissen schon - Verspätung, Ausfall, Verspätung. So am zurückliegenden Wochenende. Los ging es mit der Ankündigung, der Zug aus Bremen Richtung Hamburg trifft 15 Minuten später in Rotenburg ein. Aus 15 wurden 20, aus 20 wurden 25...

Als der Zug tatsächlich in den Bahnhof einrollte, waren es 40 Minuten. An sich nichts Außergewöhnliches. Und doch hätte ich aus der Haut fahren können - einmal wegen der im Fünf-Minuten-Takt verlängerten Verspätung und zweitens wegen der wieder und wieder über Lautsprecher verbreiteten Begründung: „Grund für die Verspätung ist eine verspätete Bereitstellung des Zuges.“ Was soll der Wartende damit anfangen? Die vermeintliche Begründung ist der Anfang einer Kaskade von Fragen, die unbeantwortet bleiben.

Endlich im vollen Wagen an der Glasscheibe vor dem Fahrradabteil lehnend, kommt die nächste erfahrungsgemäß überflüssige Durchsage: „..., dass der Verzehr und das Bereitstellen alkoholischer Getränke nicht gestattet sind“. Oben, unten, rechts wie links - ich bin umgeben von Werder-Fans, ein jeder mit Bierdose in der Hand, die sich in Stimmung bringen für das Spiel gegen St. Pauli.

Bis Harburg, wo die Zugfahrt endet, weil für den Zuspätkommer kein Gleis im Hamburger Hauptbahnhof frei ist, taucht im Wagen niemand auf, der das Verbot durchsetzt. Die Werder-Fans sind sich dessen gewiss, ich bin es und der Ansager in der Lokführer-Kabine dürfte es ebenso sein. Dennoch: Das Gute an Rotenburg ist der Bahnhof.

Thorsten Kratzmann

Reporter

Thorsten Kratzmann stammt aus Zeven, hat in Göttingen und Hamburg Geschichte, Ethnologie und Politik studiert und ist seit 1994 bei der Zevener Zeitung beschäftigt.

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